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Andacht

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Foto: © Klaus Steinike

Pfarrer Ulrich Kastner

Copyrighthinweis: N. Schwarz © GemeindebriefDruckerei.de

Mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. Apostelgeschichte 10, 28

Liebe Gemeinde, 

vor 500 Jahren wurde der sogenannte „Bauernkrieg“ beendet. Und vor 80 Jahren endete der wahnhafte Versuch der Nationalsozialisten, eine neue Weltordnung durch Mord, Terror und Krieg herbeizuzwingen mit dem zweiten Weltkrieg. Die Toten, die Verheerungen, die Trümmer, die er hinterließ, sie sind vielleicht gerade in unserer Stadt noch spürbarer, als an anderen Orten. Am Tag nach den weltweiten Feierlichkeiten zum Ende des Krieges verstarb die Zeitzeugin und Holocaust-Überlebende Margot Friedländer. Sie hatte ihre Erfahrungen zusammengefasst in dem Appell an die heutigen Generationen, „seid Menschen!“ Sich nicht von Ideologien, Hetze oder vermeintlichen Nützlichkeits-Erwägungen zu Menschenfeindlichkeit verleiten zu lassen, sondern im Anderen den Mit-Menschen zu sehen, ist angesichts der Konflikte eine immer wieder aktuelle Aufgabe.  

Im Rahmen der Trauerfeierlichkeiten zum Tode von Margot Friedländer wurde bekannt, dass Margot Friedländer unter Ihrem damaligen Mädchennamen Anni Margot Bendheim auch Mitglied im 1894 gegründeten jüdischen Ruderclub WELLE POSEIDON in Grünau gewesen ist. Bis zur Auflösung 1939  residierte der Ruderclub WELLE POSEIDON in der Regattastraße 251, auf dem Geländes des heutigen Rudervereins EMPOR e.V. 

Wie wenig selbstverständlich man die Anerkennung der Gleichwertigkeit von uns Menschen nehmen kann, zeigt unser Monatsspruch. Erst Gott musste den ersten Christen offenbaren, dass nun alle Menschen Zugang zum Heil haben! Und davon wurde auch Petrus, der Jünger Jesu durch eine Vision überzeugt. Zuvor hatte es heftige Auseinandersetzungen unter der jungen Christenheit in dieser Frage gegeben. Aber mit der Hilfe Gottes konnten sich diejenigen durchsetzen, die die Liebe Gottes für alle Menschen predigen. Diese scheinbar alte Frage nach der Gleichwertigkeit aller Menschen, sie erfährt immer wieder ihre Herausforderung, wenn es auch heute um Kriege und „Spezialoperationen“, um „Remigration“ und Abschiebungen geht, um den Wunsch nach Frieden und womöglich unterlassene Hilfeleistung für Angegriffene. Die tiefste Begründung für die Gleichwertigkeit aller Menschen liegt wohl darin, dass Gott uns Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat. Auch der mir am allerfernsten zu sein scheint, ist und bleibt ein Ebenbild Gottes! Das muss mir nicht immer gefallen. Aber es ist die Voraussetzung dafür, dass auch ich für andere zuerst ein Mensch bin – unabhängig von meiner Herkunft, meiner Überzeugung, Religion, Leistungsfähigkeit, Gesundheit. 

Gott steht dafür, dass man „keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf“.

            Ulrich Kastner              


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